Frau Hölzl, Sie begleiten Frauen nach einer längeren Auszeit zurück in die Berufswelt. Was sind dabei die grössten Hürden?
Wenn sich Frauen mit dem Thema Wiedereinstieg beschäftigen, stellen sie sich normalerweise folgende Fragen: Soll ich eine Stelle in meinem angestammten Berufsfeld oder nach einer neuen Tätigkeit Auschau halten? Welche Chancen bietet mir der Arbeitsmarkt? Im persönlichen Gespräch sollen meine Kundin Klarheit darüber gewinnen, was genau sie möchten. Leider ist es immer noch so, dass der Selbstwert von Familienfrauen generell abnimmt und sie sich ihrer Kompetenzen und Fähigkeiten erst wieder bewusst werden müssen.
Bernadette Hölzl begleitet als selbstständige Beraterin Frauen nach einer längeren Auszeit zurück in die Berufswelt. Sie hat zahleiche Weiterbildungen im Coaching absolviert und hat selbst nach 20 Jahren Familienzeit erfolgreich den beruflichen Wiedereinstieg gemeistert.
Steigen die Anforderungen am Arbeitsmarkt und erschwert dies einen späten Wiedereinstieg?
Ja, die Anforderungen sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Die Digitalisierung hat in rasendem Tempo zugenommen, viele Berufsfelder unterstehen einem starken Wandel oder werden in den nächsten Jahren gar ganz verschwinden. Umso wichtiger ist es, dass sich meine Kundinnen als Expertinnen präsentieren.
Sie selbst haben sechs Kinder und waren über 20 Jahre lang Familienfrau. Was nehmen Sie aus dieser Zeit für ihren beruflichen Alltag mit?
Aus meiner eigenen Familienzeit habe ich sehr viele Erfahrungen mitgenommen und konnte meine Kompetenzen erweitern. Mein Familienalltag mit sechs Kindern verlangte nach einer guten Organisation, Flexibilität, Leadership, Humor und einer guten Portion Gelassenheit. Daneben engagierte ich mich in zahlreichen gemeinnützigen Organisationen, bildete mich zur Musikschullehrerin und Chordirigentin weiter und unterrichtete stundenweise. Alle diese ausserfamiliären Tätigkeiten stellten für mich wichtige Lernfelder dar.
Wie schwierig war für Sie selbst der Wiedereinstieg?
Meine Voraussetzungen für einen Berufseinstieg waren sehr speziell. Weil ich das Gymnasium vor der Matura verliess, hatte ich keinen einzigen Abschluss vorzuweisen. Mit sechs Kindern war es nicht möglich, das nebenbei nachzuholen. So suchte ich nach einer Ausbildung, bei der ich meine gesammelten Erfahrungen inner- und ausserhalb der Familie einbringen konnte und fand diese in der Schule für Sozialbegleitung in Zürich. Meines Wissens die einzige Ausbildungsstätte, die Familienarbeit als Arbeitserfahrung anerkennt – inzwischen eine eidgenössisch anerkannte Höhere Fachschule. Für mich war es der Glücksfall schlechthin. Daneben musste ich mindestens 40 Prozent berufstätig sein und fand glücklicherweise sofort eine Stelle als Betreuerin und Deutschlehrerin.
Wie ist ihre typische Kundin?
Die meisten meiner Kundinnen sind gut 40 Jahre alt, haben Kinder und den grossen Wunsch, ins Berufsleben einzusteigen. Sie haben eine Grundausbildung und vor der Familienzeit einige Jahre Berufserfahrung gesammelt. Wenn sie in ihrem Umfeld den Wunsch äussern, erhalten sie sehr unterschiedliche und verwirrende Rückmeldungen. Weil sie selber oft noch nicht genau wissen, was sie wollen, verunsichert das meine Klientin zusätzlich. Darum schätzen sie die individuelle Begleitung.
Wie gehen Sie vor, wenn sich eine Kundin bei Ihnen meldet?
Wenn sich eine Interessentin für meine Dienstleistung interessiert, biete ich als erstes ein 30-minütiges Gespräch an. Dieses hat zum Ziel, herauszufinden, was sich die Kundin genau wünscht, uns persönlich kennen zu lernen und schlussendlich zu entscheiden, ob aus der Interessentin eine Kundin wird und ich sie ein Stück weit auf ihrem Erfolgsweg begleiten darf.
Hat Ihre Arbeit auch mit Gleichstellung zu tun?
Sehr viel sogar. Immer noch bleiben mehrheitlich die Frauen zu Hause und verlieren dadurch häufiger den Anschluss im Berufsleben. Würden mehr Männer Teilzeit arbeiten, könnten Frauen leichter einen Fuss in der Arbeitswelt behalten. Denn die Betreuungsangebote sind gerade in ländlichen Gegenden nach wie vor unzureichend.
Was schätzen Sie an Unternehmerinnen Event?
An der Plattform schätze ich vor allem die Gründerin, Frau Sandra Liliana Schmid. Im Unterschied zu vielen anderen Netzwerktreffen gibt Frau Schmid den Teilnehmerinnen eine gewisse Struktur vor, ohne dass der persönliche Austausch zu kurz kommt.