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Finance

Die Chancen eines Börsengangs

Durch einen Börsengang steigt der Wert eines Unternehmens in der Regel um 25 bis 50 Prozent.
Foto: iStock/samxmeg

Ein grosses Wort für viele Unternehmen, das Respekt einflösst. Es hat etwas Mystisches, irgendwie Unerreichbares. Der Tenor «das ist doch viel zu gross für unsere Firma» oder «viel zu kompliziert» macht sich schnell breit. Was viele nicht wissen: Der Gang an die Börse ist gerade für junge, innovative und dynamische Unternehmen eine gute Lösung, um auf Wachstum zu setzen und dennoch unabhängig zu bleiben.

Die Schweiz steckt voller Unternehmensperlen. Innovative, dynamische und erfolgreiche Firmen, die voller Wachstumschancen stecken. Häufig stehen sie aber vor der Herausforderung der Finanzierung dieses Wachstums. Doch nicht nur das, neben fehlenden Mitteln gibt es weitere Herausforderungen wie die Nachfolgeregelung, Aktionäre, die ihr Investment realisieren wollen, oder Fragen der Internationalisierung und  Professionalisierung. Berater und Banken raten zu Venture Capital, Private Equity oder sogar einem Verkauf der Firma an einen Grosskonzern. Doch muss dass so sein? Euronext ist überzeugt, dass es einen anderen Weg gibt. Der Gang an die Börse öffnet zahlreiche Chancen für ein Unternehmen.

Mehr als nur Kapitalzufuhr

Fehlende finanzielle Mittel werden meist als Hauptgrund für den Gang an die Börse beziffert. In der Tat ist eine Kapitalzufuhr gleichzeitig ein grosser Ermöglicher und Katalysator, der die Finanzierung weiterer Investitionen, den Ausbau des Netto-Umlaufvermögens, dem Scale-up, dem Roll-out sowie der Internationalisierung erlaubt. Zudem erleichtert zusätzliches Kapital die weitere Zusammenarbeit mit Banken und beispielsweise die Platzierung von Obligationen. Kurz: Die Finanzierungsflexibilität nimmt zu. Dennoch ist die Kapitalzufuhr an sich nur Mittel zum Zweck.

Der eigentliche Vorteil liegt jedoch im Wachstum. Viele Schweizer Unternehmen arbeiten weit unter ihren Möglichkeiten. Investoren wollen jedoch eine Wachstumsstory, die brachliegendes Potenzial ausschöpft und den Unternehmenswert langfristig steigert. Gerade Firmen, die ins Ausland expandieren beziehungsweise international wachsen wollen, erhalten durch einen Börsengang neue Möglichkeiten für strategische Partnerschaften.

Öffnung schafft Vertrauen und Bekanntheit

Viele Unternehmer tun sich jedoch noch immer schwer mit der einhergehenden Transparenz bezüglich Strategie und Zahlen. Häufig tritt die Angst auf, die Konkurrenz könne einem dann zu einfach «in die Karten schauen». Die Erfahrung bei Euronext zeigt jedoch, dass relevante Geschäftsgeheimnisse und Erfolgsgründe nicht in Geschäftsberichten nachlesbar sind. Im Gegensatz schafft ein öffentlicher Geschäftsbericht Vertrauen bei den Stakeholdern und ist ein Zeichen der Stärke.

Gleichzeitig profitieren Unternehmen durch einen Börsengang von einer höheren Visibilität. In der Schweiz gibt es viele Unternehmen mit ausserordentlicher wirtschaftlichen Leistung, die aber kaum wahrgenommen werden. Grund dafür ist die fehlende Kommunikation. Ein Börsengang ändert dies: Alleine durch die Entstehung eines Aktienkurses und dessen Bewegungen entsteht per se Öffentlichkeit. Die Aktien werden gehandelt und Analysten sowie Medien sprechen über das Unternehmen. Auf diese Weise entsteht eine Investment-Story, die selbstständig gepflegt und kommuniziert werden muss. Dadurch wird das Markenbewusstsein innerhalb der Firma erhöht und bei Kunden wächst die Bekanntheit.

Unabhängigkeit bewahren

Gerade kleinere und mittelständige Unternehmen sind oft eng mit der Familien, teils sogar über Generationen hinweg, oder unternehmerischen Persönlichkeiten und Gründerteams verknüpft. Diese Verbindung ist meist eine zentrale Eigenschaft des Unternehmens. Die Wahrung der Unabhängigkeit ist daher nicht nur für Gründer ein zentrales Anliegen, sondern auch beim Management und bestehenden Aktionären. Die Erfahrung mit Schweizer Firmen zeigt dies: Trotz Finanzierungsbedarf ist es oberstes Ziel, die Qualität der Produkte und Dienstleistungen zu gewährleisten und den Markenname, der vielleicht sogar der eigene Familienname ist, zu schützen.

Ein Unternehmensverkauf verunmöglicht die Selbstständigkeit über kurz oder lang. Sobald beim Käufer andere Probleme auftauchen, verschieben sich dessen Prioritäten und die Eigenständigkeit ist nicht mehr gesichert. Im Gegensatz dazu ist ein Börsengang die ideale Möglichkeit, um Finanzierungspotenzial zu erhalten und selbstständig zu bleiben. Immer zu bedenken gilt es ausserdem, dass ein Börsengang kein Endbahnhof ist. In den meisten Fällen wird mit diesem Schritt in erster Linie mehr Wert geschaffen, der auch einen möglichen späteren Verkauf attraktiver macht. Erfahrungsgemäss steigert sich der Wert eines kotierten Unternehmens teils bis zu 25 oder sogar 50 Prozent.

Stabilität steigern

Die starke Abhängigkeit von Persönlichkeiten kann jedoch auch negative Seiten haben. So gibt es beispielsweise Firmen mit teils Hunderten von Mitarbeitern, wo die Verantwortung von  nur einer Person, eben dem Gründer, geführt und getragen wird. Auch hier kann ein Börsengang Abhilfe schaffen: Die Firma wird breiter abgestützt, es gibt eine Governance sowie eine klare Verteilung und Regelung der Verantwortlichkeiten. Dies wirkt sich positiv auf die Stabilität aus. Ebenfalls für eine solide Basis sorgen die von CFOs immer wieder hervorgehoben, subtilen Errungenschaften, die aus den Anforderungen eines IPO hervorgehen. Ziele werden klarer definiert, Arbeitsschritte konsequenter, Wissen erweitert, Prozesse sinnvoller und das Unternehmen wird straffer geführt. Insgesamt kann man von einer Festigung des Unternehmens sprechen, was wiederum mehr Stabilität gibt.

Leichter als man denkt, aber man muss es wollen

Gerade für gut geführte und vorbereitete Firmen ist ein Börsengang leicht zu realisieren. Dennoch braucht es vorab ein paar Grundvorkehrungen: Meist geht es darum, die Führungsequipe breiter aufzustellen, neue Verwaltungsratsmitglieder zu berufen und zusätzliche Reporting-Instrumente einzuführen. Dies sind jedoch alles Massnahmen, die zur modernen Unternehmensführung gehören und für ein wachsendes Unternehmen früher oder später sowieso zur Pflicht werden. Denn Governance Standards, klare Strukturen und eine Strategie sind Grundlage eines professionellen Unternehmens.

Für den Prozess eines Börsengangs können Unternehmen auf Berater und Fachpersonen zurückgreifen. Sie unterstützen das Management und insbesondere die CEOs und CFOs bei den Vorkehrungen für die bevorstehenden Roadshows bei potentiellen Investoren. Grundlage dafür ist meist eine glaubwürdige „Equity Story“, die auch langfristig als Basis für eine gute Kommunikation und die Intensivierung bestehender Beziehungen dient.

Ein Unternehmer muss sich den Folgen eines Börsengangs bewusst sein. Es entsteht kurzfristig ein Zusatzaufwand, doch gleichzeitig öffnen sich für ihn und sein Unternehmen zahlreiche neue Möglichkeiten und Chancen. Entscheidet er sich für diesen Weg, muss er davon überzeugt sein. Nur so führt der Prozess zum Erfolg und ist Ausgangslage für eine erfolgreiche Wachstumsstory.