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Management

Den Härtetest bestanden

Seit 1970 befindet sich der Sitz der Härterei Gerster AG in Egerkingen.
Foto: Härterei Gerster AG

Die Härterei Gerster AG betreibt ein energieintensives Geschäft und ist sich dieser Verantwortung bewusst. Nachhaltigkeit und Energieeffizienz haben im Familienunternehmen höchste Priorität. Zusammen mit der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) hat das Unternehmen nun das gesamte Lüftungssystem saniert, optimiert und digitalisiert. So spart die Härterei pro Jahr 76 000 Franken an Energiekosten.

Nur ein paar Schritte vom Bahnhof Egerkingen entfernt stehen die Gebäude der Härterei Gerster AG. In drei Werkhallen wird hier fleissig erwärmt, gelötet und veredelt. Alles mit dem Ziel, die gelieferten Bauteile von Kunden resistenter zu machen: fester, härter, zäher. Rund ein Dutzend verschiedener Verfahren bietet Gerster dafür an. Die meisten davon sind technische Wärmebehandlungen. Die fertig verarbeiteten Bauteile werden in die ganze Welt verschifft und landen später – als Messer und Gabeln etwa – im täglichen Hausgebrauch, als Maschinenteile in Dieselmotoren oder als modernste Kleinstwerkzeuge in der Augenchirurgie.

Grösste Verfahrenspalette der Schweiz
Das Unternehmen ist in der Schweiz das Grösste seiner Art. «Wir bieten für jeden Anspruch ein entsprechendes Verfahren an und können unsere Kunden dementsprechend beraten. Das ist unsere Stärke», sagt Jürg Moser von der Härterei Gerster AG. Der 56-Jährige kümmert sich um die Beschaffung der Anlagen und die Infrastruktur. Dabei behält er auch die Energiekosten für Strom und Heizwärme im Auge. Denn um Bauteile aus Metall mit bis zu 1100 Grad Celsius zu behandeln, braucht es eben viel Energie. In Egerkingen stehen rund 50 Öfen und nochmals so viele Induktionshärteanlagen in den Hallen. Kommt hinzu, dass viele der Ofenanlagen an sieben Tagen der Woche rund um die Uhr in Betrieb sind. An den Prozessen selbst könne man nicht viel verändern, meint Moser, «aber wir tun alles, was wir können, um Abwärme zu nutzen und möglichst energieeffizient zu arbeiten».

 

76 000 FRANKEN SPART DIE HÄRTEREI GERSTER AG JÄHRLICH AN KOSTEN FÜR ERDGAS UND STROM.*
* Wir gehen bei den finanziellen Einsparungen von durchschnittlichen Energiekosten (Strom, Heizöl, Erdgas) von 10 Rappen pro Kilowattstunde aus.

 

Mobile Überwachung von zu Hause aus
Moser hat sich dem Nachhaltigkeitsdenken verpflichtet und arbeitet dafür eng mit der EnAW zusammen. Die Steuerung der sanierten Lüftungsanlagen ist das neuste Projekt. Moser nennt es auch seine «Betriebssteuerung 4.0». Diverse Sensoren messen Druck, Temperatur und CO2-Gehalt in den Hallen, sämtliche Lüftungsanlagen sind durch die übergeordnete Steuerung miteinander verbunden. Mithilfe von Fördergeldern des von ProKilowatt unterstützten Programms EFFIZIENZ+ (siehe Box) konnten die Lüftungsmotoren bis 2017 komplett ersetzt und mit Frequenzumrichtern ausgestattet werden. Zusätzliche Sensoren und die neue Steuerung erlauben es, die Lüftungsmotoren viel genauer und gezielter einzusetzen. So konnten die Betriebszeiten in zwei Hallen um 50 Prozent reduziert werden. Es sei beeindruckend, wie sich die Anlagen einstellen lies-sen, freut sich Moser. «Geheizt und gekühlt wird nur noch dort, wo wir es auch wirklich brauchen.» Der Maschineningenieur tippt sich auf seinem Smartphone durch das Lüftungsschema jeder Halle, kontrolliert Temperaturen oder öffnet einzelne Belüftungskuppen in den Decken, um warme Luft abzulassen. Weil sich das Projekt noch in der Optimierungsphase befindet, prüft er sogar abends vor dem Schlafengehen nochmals, wie es um die Lüftungen der Werkhallen steht. Mit diesen Massnahmen spart die Firma ab 2018 jährlich 76 000 Franken an Energiekosten für Erdgas und Strom.

Mit Verantwortung in die Zukunft
Moser ist stolz auf die erreichten Zahlen. «Wir haben uns selbst auferlegt, die Energieeffizienz in den Vordergrund zu stellen.» Wenn etwas Sinn mache, sei es deshalb auch in Ordnung, wenn das Projekt nicht sofort rentiere. Er spricht damit die berechnete Payback-Zeit von 6,3 Jahren für die Lüftungsanlagen an. Das sei schon immer die Philosophie der Firma und der Familie Gerster gewesen. Seit mehr als 15 Jahren zählt die Firma deshalb auf die Unterstützung der EnAW. Die bisher gemeinsam realisierten Projekte können sich sehen lassen: 2013 ging die betriebseigene Wärmepumpe ans Netz, später wurde auf frequenzgesteuerte Industriewasserpumpen und LED-Beleuchtung umgestellt. Die Wärmepumpe hat sich besonders gelohnt: Mit ihr werden rund 95 Prozent der benötigten Heizenergie generiert. Von Anfang an sei die Härterei Gerster AG energietechnisch in den Startlöchern gestanden, lobt EnAW-Berater Daniel Meier, «noch bevor die CO2-Abgabe überhaupt ein Thema war». Überall wird gepröbelt, optimiert und mit Sparmassnahmen experimentiert. Mit dem Energie-Management-System der EnAW hat die Firma ihre Energiebilanz fest im Griff. In der aktuellen Zielvereinbarungsperiode bis 2020 liegt die Härterei Gerster mehr als gut auf Kurs: Die Ziele der letzten drei Jahre wurden übererfüllt. Auch um die kommende Einführung des Grossverbrauchermodells im Kanton Solothurn braucht sich Anlagenchef Moser keine Sorgen zu machen: Mit der Universalzielvereinbarung erfüllt die Härterei automatisch die Auflagen des Kantons. Nachhaltigkeit und Energieeffizienz haben bei Gerster Zukunft. Oder wie Moser es selbst formuliert: «Als Familienunternehmen sehen wir uns dazu verpflichtet, über unsere Nasenspitze hinaus zu denken. Das schulden wir unseren Mitmenschen, unseren Nachkommen und uns selber.»

 

 

«Dank der ENAW haben wir unser Potenzial erkannt»

 

Welche Art von Bauteilen bearbeitet die Härterei Gerster AG?
Wir veredeln Metallteile von Kunden, damit sie danach deren Anforderungen entsprechen. Besteck etwa machen wir kratzfest, Maschinenbauteile werden gehärtet und verschleissresistenter gemacht. Einige Teile, zum Beispiel Nadeln für die Augenchirurgie, sind so klein, dass 100 000 Stück davon in eine Streichholzschachtel passen würden. Eine Antriebswelle für einen Dieselmotor kann dagegen auch einmal elf Meter lang und zehn Tonnen schwer sein. Unser Angebot ist wirklich sehr breit, weshalb die Beratung des Kunden ein wichtiger Teil unseres Angebots ist.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit der EnAW aus?
Ich bin sehr zufrieden mit unserem Berater Daniel Meier. Ich schätze ihn als fach- und sozialkompetenten Partner, er konnte uns viel helfen und hat uns als Betrieb weitergebracht. Einmal pro Jahr findet ein Erfahrungsaustausch innerhalb der Energie-Modell-Gruppe Solothurn statt, an dem wir uns mit anderen Teilnehmern aus der Region treffen.

Was motiviert Sie bei der Nachhaltigkeitsarbeit?
Unsere Mitarbeitenden, unser EnAW-Berater und die immer offenen Ohren der Familie Gerster. Wenn ich gute Argumente bringe, kann ich auf Rückendeckung der Betriebsleitung zählen. Gemeinsam mit der EnAW konnten wir zuerst die nötigen Analysen durchführen, um unser Potenzial zu erkennen. Hinzu kommt, dass uns durch Förderprogramme immer wieder finanziell geholfen wurde. Es tut gut zu merken, dass wir mit unseren Anliegen nicht alleine sind und wir bei der Umsetzung entsprechend unterstützt werden.