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Management

Digitale Transformation: Nicht wann, sondern wie

Es ist das Megathema der Stunde. Die Digitalisierung der Fertigungskette ist Chance und Risiko gleichermassen und raubt nicht wenigen KMU-Führungskräften den Schlaf. Um Hilfestellung zu geben, lud die Unternehmensberatung Staufen.Inova AG zu einem Unternehmergespräch mit abschliessender Podiumsdiskussion. Die TR war dabei.

 

Rund 60 Teilnehmer waren es, die dem Ruf der Staufen.Inova AG nach Luzern ins mondäne Art Deco Hotel Montana gefolgt waren. Alleine, es zog das Motto der Veranstaltung: «Exzellent aus der Schweiz: Erfolgsfaktor Digitalisierung in der Supply Chain.» Ziel war nichts weniger als die Anwesenden auf die Veränderungen vorzubereiten, die eher über kurz als über lang den Schweizer produzierenden Unternehmen ins Haus stehen. «Die Digitalisierung ist da und verändert die Geschäftswelt», so die einleitenden Worte des Moderators Markus Götz, Senior Expert bei Staufen.Inova. Geladen waren deshalb Referenten, die aufgrund ihrer Erfahrung mit digitalisierten Prozessen entlang der Supply Chain wertvolle Tipps zum Einstieg, aber auch zu den Stolpersteinen auf dem Weg in Richtung Umsetzung digitaler Geschäftsstrategien geben konnten und natürlich auch sollten.

 

In diesen Kontext passt die Studie* «Erfolg im Wandel», die Staufen.Inova vor Kurzem durchgeführt hatte. Gefragt wurde unter anderem nach den Auswirkungen des bevorstehenden technologischen Wandels. Die doch ein wenig überraschende Antwort: Von den befragten 100 Unternehmen vermuten zwei Drittel grundsätzlich ein Risiko für gewisse Produkte oder Dienstleistungen aufgrund der digitale Transformation, 35 Prozent sehen sogar ihr gesamtes Geschäftsmodell auf dem Prüfstand.

 

Folgerichtig lautete die Frage von Moderator Markus Götz an die geladenen Referenten: «Wie gehen wir mit der Digitalisierung um, was ist zu tun, und was ist für unser Unternehmen wirklich sinnvoll?» Sehr aufschlussreich war, mit welcher Motivation die Unternehmen ihren Einstieg in die digitale Produktionswelt vollzogen haben. Für Patrick Berhalter, CEO der Berhalter AG, war dieser Einstieg eigentlich ein zwangsläufiger Vorgang: «Die Hauptmotivation war sicherlich der eigene Antrieb, sich immer wieder neu zu positionieren und immer besser zu werden. Wir haben in der Schweiz gar keine andere Wahl, auch wegen des starken Frankens, als dem Wettbewerb immer ein Schrittchen weiter voraus und ein bisschen einzigartiger zu sein.» Modulare Produkte und vernetzte Systeme bringen seiner Meinung nach den Vorteil, sich vom Wettbewerb abzuheben und eine gewisse Alleinstellung zu markieren.

 

Die Berhalter AG zählt zu den weltweiten Marktführern für Flachbettstanzmaschinen-Systeme. So werden beispielsweise Verpackungsdeckel für Tiernahrung zu 95 Prozent auf Stanzautomaten mit den Technologien des Widnauer Familienunternehmens produziert. Um die Verbindung von Innovation und Inspiration weiter zu stärken, hat sich das Unternehmen vor drei Jahren auf die Bereiche «die-cutting» und «tec-spiration» fokussiert. Technik und Inspiration führten schliesslich auch zu einem ganzheitlichen Ansatz in Produktion und Montage, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens deutlich zu erhöhen.

 

Ein ganz anderer Beweggrund trieb Dominik Weibel, Mitinhaber der eMDe Blechfabrik AG. Zusammen mit einem Partner gründetet er das Unternehmen vor vier Jahren, und der Grund, sich für die Welt der digitalisierten Prozesse zu entscheiden, war ein sehr pragmatischer: Als Newcomer, so Weibel, musste man sich vom Start weg eine Nische suchen und die Prozesse so schlank wie möglich aufstellen. Von Vorteil war dabei sicherlich, dass die Firmengründung auf der grünen Wiese erfolgte und nicht durch Akquisition eines bestehenden Betriebs.

 

Am Anfang des Erfolges des jungen Unternehmens standen ein paar überraschende, unkonventionelle Marketing-ideen, die mit ihrer Umsetzungsgeschwindigkeit für den Service der Firma gesprochen haben. Digitalisiert haben die beiden Unternehmer vor allem den Auftragsprozess bis zur Maschine und zur finalen Auslieferung der bestellten Teile. Der Kunde kann seine Teile direkt online konfigurieren und die Konstruktionsdaten übermitteln. Zwei Minuten später erhält er schon eine Offerte mit verbindlichem Preis, 24 Stunden später wird das Teil ausgeliefert.

 

Einen spannenden Einblick in die Welt der Dentaltechnik hatte Thomas Hirt parat, CTO der Ivoclar Vivadent AG. Als Antrieb zum Einstieg in die digitalisierte Prozesskette sieht er vor allem die Notwendigkeit, sich als global agierendes Unternehmen permanent um neue Technologien und Geschäftsmodelle zu kümmern. Software und CAM hätten dabei das Potenzial, Arbeitsschritte immer weiter zu automatisieren. Digitalisierung als Bedrohung wahrzunehmen, so sein Credo, ist sicherlich die falsche Sicht der Dinge: «Man muss sie als Chance sehen.» Wie weit im Dentalbereich bereits innovative Technologien wie Augmented Reality verbreitet sind, zeigt die Zusammenarbeit von Ivoclar Vivadent mit dem Start-up Kapanu AG. Der Technologie-Provider aus Zürich entwickelt Systeme, mit denen Patienten mittels weniger Mausklicks direkt am PC oder Tablet in bewegten Bildern, sozusagen als digitaler Spiegel, sehen, wie neue Zähne ihr Aussehen verändern.

 

Während sich die Referenten auf Unternehmerseite einig waren, dass die Digitalisierung viel mehr Chancen als Risiken birgt, stiess Jürg Hodel, Geschäftsführer der Staufen.Inova AG, in eine Lücke: «Digitalisierung ist ja kein Selbstzweck. Als Unternehmer sollte man ganz klare Ziele und Strategien entwickeln, um mit seinem Unternehmen mittel- und langfristig Bestand zu haben. Und diese Strategie kann nicht per se die Digitalisierung sein, sie kann nur als Mittel zum Zweck dienen.» Die Unternehmensstrategie und die daraus abgeleiteten Ziele können dann als Basis für die richtige Digitalisierungsstrategie dienen.

 

Man sollte und müssste, so Jürg Hodel weiter, den Mut haben, die digitale Transformation als Unternehmen proaktiv zu begleiten und nicht zu warten, bis der Markt einen Strategiewechsel einfordert. «Dazu braucht es allerdings Mut, visionäres Denken, Selbstvertrauen und Leadership.» Attribute, an denen es den Schweizer Unternehmen anscheinend nicht mangelt, das zeigt jedenfalls wiederum ein Ergebnis der Staufen-Inova-Studie «Erfolg im Wandel». Acht von zehn Unternehmen bescheinigen sich darin eine gute bis sehr gute Wandlungsfähigkeit. Dem direkten Wettbewerb und dem gesamte Branchenumfeld widerfährt allerdings weniger Wertschätzung. So halten nur 44 Prozent der Befragten die eigene Branche für zukunftsfähig.

 

Diese auf den ersten Blick etwas irritierende Einschätzung könnte in Hinblick auf die digitale Transformation damit zu tun haben, dass eine grosse Unsicherheit darüber herrscht, wie dieser Weg überhaupt beschritten werden soll. Eine nachvollziehbare Angst: Mit Begrifflichkeiten wie Big Data, IoT oder Augmented Reality können die wenigsten Unternehmen etwas anfangen. Für Thomas Hirt braucht es deshalb ein Team, das den Nukleus setzt und vorwärts geht. Ganz wichtig ist für ihn die bereits von Jürg Hodel skizzierte Unternehmensstrategie: «Man kann nicht irgendwo anfangen in der Hoffnung, das wird schon passen.» Simon Klink von der Staufen.Digital Neonex GmbH warb deshalb auch für eine Politik der kleinen Schritte, um Erfahrungen zu sammeln: «Mit einem Readiness Audit könnte ein wirkungsvoller, effizienter Einstieg in die Digitalisierung gelingen». Das Unternehmen wird dabei in sechs Dimensionen auf seinen Reifegrad in Richtung Digitalisierung beurteilt. Nach der Beschreibung von Zukunftsbildern mit einer definierten Roadmap steht die wichtige Aufforderung: Fang an! Bleibt die Frage: Braucht es externe Beratung auf diesem Weg?

 

Dirk Stieger, Senior Consultant bei der Staufen.Inova AG, verwies in diesem Zusammenhang auf die Expertise von Staufen.Inova. Man habe ein virtuelles Unternehmen namens «Eutopos» gegründet, so Stieger, um anhand eines Zukunftsmodells verschiedene Szenarien und Themen zu bearbeiten. Insbesondere müssten alle Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen sowie Prozesse und die Organisation unter neuen Gesichtspunkten beurteilt werden.

 

Deshalb, so Patrick Berhalter, gehe es auch nicht ohne externe Hilfe. Es sei aber ebenso wichtig, so seine Erfahrung, gewisse Dinge in Eigenregie durchzuziehen. Vor allem die Schulung der Mitarbeitenden in Richtung digitale Veränderung sei in seinem Unternehmen ein wichtiger Prozess gewesen und ist es immer noch. So wird jeder Mitarbeiter in diesem Jahr verpflichtet, vier Workshops zum Thema zu besuchen.

 

*) Die Studie «Erfolg im Wandel» kann per E-Mail über die Staufen.Inova AG bezogen werden: a.blaesing@staufen-inova.ch.

 

Staufen.Inova AG

8832 Wollerau Tel. 044 786 33 11

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