Um die Qualität einer Entwicklung sicherstellen zu können, werden Reviews bei Projekten durchgeführt. Dabei können «technische Schulden» identifiziert werden. Beispiele für solche sind etwa fehlende Dokumentationen, zu komplexe Lösungsansätze, zu hohe Herstellkosten oder auch ineffizienter Ressourceneinsatz. Technische Schulden zeichnen sich dadurch aus, dass sich diese sukzessive und schleichend anhäufen, wenn die Umsetzung des Projektes unprofessionell durchgeführt wird. Wenn Unternehmen sich nicht in regelmässigen Abständen um die technischen Schulden kümmern, dann kann dies zu einem so grossen Schuldenberg führen, dass das Projekt den Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Die Konsequenz ist, dass ein Projekt unter Umständen neu aufgesetzt und erneut gestartet werden muss.
Das schmerzhafte an technischen Schulden ist, dass das Aufschieben der notwendigen Massnahmen die Entwicklung nicht beschleunigt, sondern verlangsamt – je länger desto mehr. Technische Schulden entstehen entweder durch bewusste Entscheidungen oder sie können eine Folge von Unprofessionalität sein.
Technische Schulden vs. Innovationsschulden
Analog zu den «technischen Schulden», können «Innovationsschulden» entstehen. Die Analogie von «Innovationsschulden» zu «technischen Schulden» ist passend, weil die Mechanismen, welche zum Entstehen der Schulden führen, ähnlich sind. Innovationsschulden entstehen nicht in Projekten, sondern auf Ebene der Unternehmensstrategie und manifestieren sich in den Produkten und Services, welche eine Firma entwickelt – oder eben nicht entwickelt. Die «Quarzuhren»-Krise von 1970 bis 1980 ist ein typisches Beispiel von Innovationsschulden. Schweizer Hersteller von mechanischen Uhren verkannten den fundamentalen Trendwechsel zur Quarzuhr. Japanische Hersteller überschwemmten den Markt mit preiswerten Quarzuhren. Resultat war ein dramatischer Rückgang an Arbeitsplätzen und eine Insolvenzwelle von mechanischen Uhrenherstellern in der Schweiz. Es ist gefährlich zu denken, dass das nicht mehr passieren kann. Aktuell wächst eine Generation an Uhrenkäufern heran, welche keinen Bezug zur mechanischen Uhr hat. Diese Generation hat die Uhr im Smartphone oder trägt eine preiswerte Smartwatch am Handgelenk. Die Verkaufszahlen der Smartwatches weisen eine hohe Analogie zu den Zahlen der «Quarzuhren»-Krise auf.Die fundamentale Entscheidung, die Entwicklungskapazitäten in Richtung Smartwatch zu steuern, liegt bei der Unternehmensführung. An ihr ist es, die aufgebauten Innovationsschulden abzutragen.
Wie entstehen Innovationschulden?
Innovationsschulden entstehen aufgrund von Überheblichkeit oder Sattheit und dem fehlenden Drang zur Erneuerung, respektive der fehlenden Adaption von neuen Trends und Technologien. Die folgenden Punkte sind Frühwarnsignale:
- •«Es läuft gerade so gut, torpedieren wir unseren Erfolg doch nicht mit einer Innovation.»
- «Solange sich die Mitbewerber nicht bewegen, müssen wir nichts tun.»
- «Wenn ich dieses Projekt in den Sand setze verliere ich meinen Job.»
- Fehlende Neugierde und Bereitschaft sich mit neuen Trends und Themen auseinanderzusetzen und deren Einfluss zu analysieren
- Fehlende Risiko- und Fehlerkultur sind zuverlässige Innovationskiller
- Fehlendes Kapital, um in Innovation investieren zu können, resp. fehlender Wille, um das Kapital zu beschaffen
- Das Wissen fehlt, wie man mit neuen Trends und Technologien umgehen soll
- Das Top-Management hat Angst, junge Mitarbeiter zu fragen, weil sie sich keine Blösse geben wollen.
Das Management muss sich jederzeit bewusst sein, welche Innovationsschulden eine Gefahr für den Fortbestand der Firma darstellen. Analog zum Review bei technischen Projekten gehört die Bewertung der Innovationsschulden in Form einer Risikobetrachtung in den Strategieprozess.
Der stete Wandel und die Neugierde, um Neues auszuprobieren, gehört zum Wesen der Menschheit. In einer auf Wettbewerb basierenden Wirtschaft ist der Wandel stetig – Innovationen beleben den Markt und erlauben es neuen Anbietern einen Anteil am Markt zu erobern. Das bedeutet, dass Errungenschaften der Vergangenheit kein Garant für eine erfolgreiche Zukunft sind. Die Zukunft gehört denjenigen, welche nach Verbesserungen suchen und welche sich von Rückschlägen nicht entmutigen lassen.
- Das übergeordnete Ziel ist es, das Unternehmen vor dem Scheitern zu bewahren
- Die erfolgreichsten Unternehmen sind diejenigen, die ihre Strategie unermüdlich überdenken und innovieren
- Unternehmen dürfen Innovation niemals unterdrücken
- Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Bedürfnisse der Kunden ernst genommen werden
- Unternehmen müssen Trends antizipieren und Schritt halten
- Unternehmen müssen daran arbeiten Ihre Innovationsstrategie zu verbessern und Neues auszuprobieren
- Innovationsschulden müssen konsequent abgetragen werden
Zukunft als Chance wahrnehmen
Wir beobachten in unserem Leben immer wieder Menschen, welche alte Wege verlassen und etwas komplett Neues erschaffen. Dave Grohl, der Schlagzeuger der Band «Nirvana», hat zum Entstehungsprozess des Albums «Nevermind» im Film «Sound City» folgendes gesagt: «We had these songs and we had these dreams. Watching a world through a windshield there is no looking back. We left anything behind. When you are young, you are not afraid of what comes next, you are excited by it.We were driving a van that could break down at any moment. Going on tours that could be cancelled at any moment. And playing music with people that could disappear at any moment. We had no idea what the next 16 days [in the Soundcity Studio] are going to change our world forever.»In diesem Text stecken alle Ingredienzen, welche Innovation charakterisieren:
- Keine Angst vor der Zukunft haben, sondern diese als Chance zu verstehen
- Ideen und Träume umsetzen und sich durch nichts abhalten lassen
- Den Mut haben das Beste aus dem zu machen, was man hat. Die aktuellen Ressourcen sind alles was man hat, aber mit diesen soll man das Maximum erzielen
In den 16 Tagen im Soundcity Studio haben Dave Grohl und seine Bandkollegen von Nirvana das Album «Nevermind» aufgenommen. Dieses Album hat Dave Grohls Leben grundlegend verändert.Musiker stehen vor den gleichen Herausforderungen wie Firmen. Die Fans erwarten regelmässig neue Musik. Die erfolgreichsten Musiker verstehen es, die aktuellen Trends in ihrer Musik zu verarbeiten. Gelingt dies, so bewahrt sie dies vor dem Scheitern.