1. Okt. 2015

Der richtige Massnahmenmix ist entscheidend

Seit der starke Schweizer Franken bei den klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) für erhebliche Nachteile im Export sorgt, fragen sich viele Verantwortliche, wie diese Exportnachteile kompensiert werden können; insbesondere mit Sourcing-Massnahmen in Einkauf und Logistik.

Hinzu kommt, dass die meisten Schweizer KMU der MEM-Industrie (Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie) vor allem in die EU exportieren und dort mit dem starken Schweizer Franken unter enormen Preisdruck geraten. Doch wie soll dem Preisdruck mit Kostensenkung begegnet werden? Meist bedeutet dies, die Personal- oder Materialkosten zu senken. Viele Betriebe wären jedoch mit weiterem Personalabbau nicht mehr wettbewerbsfähig.

Bleibt also die Frage, wie Materialkosten nennenswert reduziert werden können, beispielsweise durch Einsparpotenziale im Einkauf oder durch Sourcing an Billigstandorten, insbesondere im osteuropäischen EU-Raum. Eine immer grösser werdende Anzahl von Schweizer KMU hat diese Frage anscheinend mit «pro Sourcing in Billiglohnländer» entschieden und ist mit Sourcing und Outsourcing – insbesondere in Osteuropa – aktiv.

Auf den ersten Blick geht diese Rechnung auf; die Osteuropa-Strategie im Sourcing scheint erfolgversprechend:

  • Einsparpotenziale grösser 20 Prozent bestehen in einer Vielzahl von Materialgruppen und Zukaufteilen.
  • Der Lohnindex vieler osteuropäischer Länder liegt bei 10 bis 15 Prozent des Schweizer Niveaus.
  • Osteuropäische EU-Länder haben sich in den letzten Jahren enorm entwickelt: Technologie, Infrastruktur, Qualifikation, Lieferzeit und Produktqualität erfüllen zunehmend Schweizer KMU-Anforderungen.

Schaut man jedoch näher hin und untersucht die Erfolgsbedingungen im Osteuropa-Sourcing etwas genauer, so zeigt sich: Für KMU bestehen nach wie vor nicht unerhebliche Risiken in Low-Cost-Countries (LCC)

Eine Vielzahl von Beispielen zeigt: Viele Schweizer KMU haben im LCC-Sourcing die geplanten Einsparungen nicht realisiert. Im Gegenteil: Qualitätsprobleme und die fehlende Einhaltung von Lieferterminen – um nur einige Faktoren zu nennen – haben zu nennenswerten Verlusten beigetragen.

Auch eine umsichtige Vorgehensweise – etwa nach der Devise: zunächst erste Erfahrungen mit Sourcing in LCC sammeln und erst danach umfassendes Sourcing oder gar Outsourcing betreiben – schützt vor genannten Problemen nicht. Zu viele Fragen stellen sich in diesem Prozess: «Welche Produktionsbedingungen habe ich in welchen Regionen und in Billiglohnländern zu erwarten? Wie sind Lieferanten aus Billiglohnländern zu zuverlässigen Produktionspartnern zu entwickeln?»

Stellt man sich diese Fragen konsequent, gelangt man an den Punkt, an dem sich der Vergleich von Sourcing- und Outsourcing-Schritten ins billige Ausland mit gezielten Schritten zur Effizienzsteigerung am Standort Schweiz aufdrängt. Dies auch, weil eine wachsende Anzahl Schweizer KMU erfolgreich Kosteneinsparungen am eigenen Standort vorantreiben, verbunden mit gezielter Prozessoptimierung und intelligenten Automatisierungskonzepten, während die und gleichzeitig Vorteile und Sourcing in Billiglohnländern realisieren.

Diese Erfahrungen zeigen: Der richtige Massnahmenmix ist entscheidend! Im Kern stellt sich also vor jeder Outsourcing- oder Beschaffungsentscheidung die Frage: «Wie kann ich die Einsparmöglichkeiten des Sourcing und Outsourcing in Billiglohnländern mit meinen Effizienzsteigerungs- oder Kostensenkungspotenzialen am Standort Schweiz nachvollziehbar vergleichen?» Diesen systematischen Vergleich im ersten Schritt empfehlen notabene alle seriösen Sourcing-Outsourcing-Experten. Das dabei empfohlene Vorgehen orientiert sich konsequent an nachfolgenden Schritten:

  • Schritt 1: Auswahl von Produktgruppen oder Zukaufteilen mit nennenswerten manuellen Produktions-, Montage- oder Verpackungsanteilen.
  • Schritt 2: Benchmarkgestützte Bewertung der zur Herstellung dieser Produktgruppen oder Zukaufteile erforderlichen Produktions-, Montage- und Logistikprozesse in Bezug auf Auslastung, Durchlaufzeiten und Produktivität (sowohl in technischer wie auch in wirtschaftlicher Hinsicht).
  • Schritt 3: Bewerten der dazu erforderlichen Technologie inklusive möglicher Alternativen bezüglich Maschineneinsatz und Automatisierung.
  • Schritt 4: Abstimmen des Teile-Clusters zur benchmarkgestützten Bewertung (hinsichtlich Eigenfertigung oder Fremdbezug im billigen Ausland) auf TCO-Basis (Total Cost of Ownership).

Wenn nach diesem Vorgehen bewertet wird, werden mögliche Risiken rechtzeitig erkannt und negative Auswirkungen richtig eingeschätzt. Voraussetzungen dafür sind der Zugriff auf die erforderlichen Benchmarks und verfügbaren Erfahrungswerte – sowohl in der Anwendung der TCO-Methode wie auch in der Anwendung einer gezielten Nutzwertanalyse. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Unterstützung von externen Experten unerlässlich. Dasselbe gilt, wenn diese Vorgehensweise zeitsparend und risikominimierend verfolgt werden soll.

Ist die Entscheidung zu guter Letzt pro Outsourcing oder gar pro Verlagerung an Billigstandorte im Ausland gefällt, ist für KMU jedoch ein Hinweis ernst zu nehmen: Wer diesbezüglich erste Schritte im Ausland realisieren will, sollte sich möglichst in Ländern bewegen, welche den Standards am Standort Schweiz am Nächsten kommen. Für KMU ohne grosse Erfahrung im internationalen Sourcing ist dies am besten in osteuropäischen EU-Ländern zu realisieren.

Neben Investitionszuschüssen von maximal 50 Prozent bis 60 Prozent liegen die Vorteile in diesen Ländern in rechtlichen, politischen und produktionstechnischen Bedingungen, welche Schweizer Standards zunehmend erfüllen. Last but not least ist in diesen Ländern auch das Währungsproblem obsolet: Wer ins Euroland exportiert und gleichzeitig den Einkauf in Euro realisiert, hat die Währungsprobleme des starken Schweizer Franken kompensiert.

Die beste Nachricht zum Schluss: Eine Entscheidung pro oder kontra Outsourcing zu fällen, bedeutet nicht nur minimale Risiken bei maximalem Erfolg realisieren. Vielmehr gilt: Der Standort in der Schweiz wird damit gestärkt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit gesichert, und zwar unabhängig davon, wie die Entscheidung am Ende aussieht.

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