Stefan Brupbacher, Pascal Streiff, Swissmem: «Der Werkplatz Schweiz braucht qualifizierte MEM-Vertreter im Parlament»
Herr Brupbacher, Herr Streiff, Sie beide kandidieren am 20. Oktober für die Wahlen zum Nationalrat. Lassen wir mal die parteipolitischen Gründe beiseite: Warum braucht es aus Ihrer Sicht zwei Vertreter von Swissmem im Parlament?
Streiff: Es ist gerade in heutiger Zeit sehr wichtig, dass der Werkplatz Schweiz genügend engagierte Interessensvertreter im Parlament sitzen hat. Deshalb habe ich mich entschlossen, zu kandidieren.
Brupbacher: Wir stehen vor entscheidenden Jahren für die Schweizer Wirtschaft. Meine Erfahrung der letzten 20 Jahren in Bundesbern möchte ich hier einsetzen. Der Werkplatz braucht nicht nur in Verwaltung und Verbänden qualifizierte Vertreter, er braucht sie auch im Parlament. Wenn ich einen Beitrag für den Werkplatz Schweiz leisten kann, dann werde ich es gerne tun.
Sitzen im Nationalrat wirklich so wenige Wirtschaftsvertreter, um die Interessen der MEM-Industrie wirkungsvoll zu artikulieren?
Streiff: Es hat schon einige Stimmen, die dort versammelt sind, es dürfen aber durchaus noch einige mehr sein. Die Crux ist, dass viele CEO von mittleren und grossen MEM-Unternehmen im Tagesgeschäft so gefangen sind, dass sie es einfach nicht schaffen, noch Zeit für die wichtige Parlamentsarbeit aufzuwenden. Auch deshalb ist es wichtig, dass wir von Swissmem Kandidaten in den Nationalrat entsenden.
Brupbacher: Wer hat Einfluss im Parlament? Beim Bauernverband sitzen Verbandsdirektor und -präsident im Parlament und noch einige Dutzend Interessensvertreter. Auch der Gewerbeverband und die Gewerkschaften sind stark vertreten. Leider fehlen Stimmen für den Werkplatz; hier wollen wir einen Beitrag leisten. Denn entweder man ist im Parlament und arbeitet mit oder man wird bestenfalls angehört.
Welche Vorhaben sehen Sie als besonders dringlich an, die in Bundesbern diskutiert werden müssten?
Streiff: Ich würde mich vor allem für das Vorankommen verschiedener Freihandelsabkommen engagieren. Es ist für unsere Firmen wesentlich, dass sie freien Handel treiben können und dass die Bürokratie auf ein Minimum beschränkt bleibt.
Brupbacher: Drei Dinge sind wichtig. Erstens: Aussenwirtschaftliche Öffnung; dazu gehören das bilaterale Rahmenabkommen und Freihandelsabkommen. Zweitens: Sicherung des liberalen Arbeitsmarktes; mehr Flexibilität statt Verbote. Und Drittens: Der Werkplatz Schweiz muss über genügend und genügend qualifizierte Arbeitskräfte verfügen. Das verlangt eine auf Digitalisierung reformierte Berufsbildung und genügend Investitionen in Forschung und Entwicklung. Beides sind Grundlagen für Innovation, und dort liegt unsere Zukunft.
Werden wir gleich konkret: Ende August hat Bundesrätin Frau Sommaruga postuliert, die Schweiz soll bis 2050 klimaneutral werden. Ist das mehr Chance oder mehr Risiko für den Werkplatz Schweiz?
Brupbacher: Was bedeutet das Ziel konkret für das C02-Gesetz? Nur wenn dort die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt werden, ist das Ziel erreichbar? Swissmem hat klar Stellung bezogen: Wir wollen eine Brenn- und Treibstoffe umfassende C02-Abgabe, deren Erträge umfassend zurückverteilt werden und über deren Höhe das Volk mitbestimmen kann. Dieses System – und nicht Subventionen – führt zum technologischen Fortschritt, dem Schlüssel zur Erreichung des ambitionierten Ziels des Bundesrates.
Streiff: Im Gesamtkontext sehe ich mehr Chancen als Risiken für den Werkplatz Schweiz. Denn unsere Firmen haben nun die Gelegenheit, ihre Innovationskraft in neue Technologien einfliessen zu lassen und diese Entwicklung voranzutreiben. Der Druck dazu ist jetzt vorhanden, und wenn die Rahmenbedingungen stimmen, geht die Entwicklung in Richtung energieeffiziente Systeme und Anlagen deutlich schneller voran. Ich sehe sehr gute Chancen, dass die Schweiz beim Thema C02-Neutralität auch in Zukunft eine führende Rolle einnehmen wird.