Familienbande sind durch Emotionen und Beziehungen definiert. Familienmitglieder werden aufgrund ihrer sozialen Rolle in der Familie mehr oder minder geschätzt. Gegenseitige Leistungen werden naturgemäss nicht – wie in Unternehmen – monetär bewertet, sondern in ideeller Form als Dankbarkeit, Solidarität, Verpflichtung und Schuldgefühl vergütet. Zusammenhalt und Zerfall von Familienunternehmen beruhen im Zeichen verwandtschaftlicher Nähe auf emotionalen Beziehungen und einem gemeinsamen Wertegefüge, weniger hingegen auf wirtschaftlichen Sachzwängen. Das enge Geflecht von Familie und Unternehmen bezieht sich demnach materiell auf die gemeinsame Existenzgrundlage und Einkommensquelle, während ideelle, wertegetriebene Auffassungen aufeinander wirken. Dies führt zu spezifischen Vor- und Nachteilen von Familienunternehmen.
- Im positiven Fall gibt es in beiderlei Hinsicht ein starkes Commitment der Familie, das sich als Unternehmenskultur zeigt. Hieraus kann eine gute Familientradition, aber auch eine Familienfestung werden, die Abwehrkräfte gegenüber Angriffen von aussen oder Eindringlingen mobilisiert.
- Im negativen Fall können enge Familienbande und die daraus resultierende Festungsmentalität zur Fortschritts- und Zukunftsfalle werden. Fehlende Offenheit gegenüber Veränderungen, neuen Anforderungen an die Führung und andere können nicht mehr umgesetzt werden und gefährden das Unternehmen sowie das Vermögen der Gesellschafter.
Strategien offenlegen
Der vielfach vorhandene, aber nicht artikulierte Wunsch, das gelebte Verhalten, mithin das Familienmuster, auf das Unternehmen zu übertragen und den Betrieb auch zu einer Art Familie zu machen, funktioniert in einer sich immer schneller und komplexer verändernden Umwelt nicht mehr so wie früher. Hinzu kommt, dass sich Familienmitglieder der jüngeren Generation oft weigern, die Unternehmensführung zu übernehmen oder bei objektiver Betrachtung schlichtweg auch nicht geeignet sind. Für Familienunternehmen bedeutet das eine zusätzliche strategische Herausforderung. Anders als Publikumsgesellschaften brauchen sie nicht nur eine Unternehmens-, sondern auch eine Familienstrategie.
Indessen unterliegt die Strategie von Familienunternehmen einem Paradigmenwechsel. Während viele Familienunternehmern immer noch «Personen-Strategien» auf Basis ihrer inneren Intuition fahren, gilt es gerade vor dem Hintergrund des generationsbedingten Wechsels auf der Führungsebene mehr Transparenz auf die Frage der Unternehmensstrategie und der Unternehmerstrategie herzustellen, um die Kontinuität der Unternehmensentwicklung zu sichern. Die Familienstrategie soll das Potenzial der Unternehmerfamilie erschliessen, die über die Generationen zunehmend zersplittert. Dadurch kommen viele Fragestellungen auf:
- Wie soll der Betrieb heute und morgen geführt werden? Operativ oder aus der Gesellschafterposition? Dürfen angeheiratete Kinder mitarbeiten
- Was erwartet die Familie von den Führungskräften?
- Welche Regeln gelten für Ausschüttungen und Vergütungen zugunsten von Familienmitgliedern?
Der Prozess der Nachfolge ist die grösste strategische Herausforderung für die Wahrung der Unternehmenskontinuität in Familienunternehmen. Einflussgrössen sind: die Historie, das Charisma des Vorgängers, die damit verbundenen Emotionen und Divergenzen sowie Unternehmensmythen, die sich im Laufe der Zeit etabliert haben.
Im Gegensatz zu Publikumsgesellschaften liegt die strategische Hürde dementsprechend höher. Diesen reicht eine Unternehmensstrategie, wohingegen Familienunternehmen auch eine Familienstrategie benötigen, um den Herausforderungen gewachsen zu sein. Eine stabile Nachfolgeplanung, samt einer griffigen Familienverfassung sowie damit verbundenes effizientes Konfliktmanagement hilft, das Potenzial einer Unternehmerfamilie auszuschöpfen.