Herr Althaus, seit Mai 2018 sind Sie Verwaltungsratspräsident der A. Boss & Co AG. Warum haben Sie sich für das Mandat entschieden?
Es handelt sich um eine herausfordernde Aufgabe in einer äusserst interessanten Branche. Das hat mich angesprochen. Die A. Boss & Co AG, die man besser als ABC Kunst- und Glückwunschkartenverlag kennt, ist ein traditionsreiches Unternehmen in Familienbesitz. Die Unternehmerfamilie wollte nach einer Übergangsphase den VR neu besetzen und suchte gleichzeitig nach einer Führungspersönlichkeit für das Präsidium. Meine breite Berufserfahrung und meine Affinität für Familienunternehmen haben dem gesuchten Profil entsprochen.
Der Verwaltungsrat wurde neu gebildet. Worauf wurde bei der Zusammensetzung achtgegeben?
Das Gremium setzt sich aus drei ausgewiesenen Experten zusammen. Christian Huldi bringt Branchenexpertise mit und verfügt über umfassendes Know-how in den Bereichen Strategie und Marketing, einschliesslich digitale Transformation. Beat Kiener ist Experte für Treuhand, Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung. Ich widme mich als VR-Präsident hauptsächlich Führungs- und Organisationsfragen sowie spezifischen Themen, dazu gehört mittelfristig auch die Nachfolgeregelung.
Inwiefern widerspiegelt die neue Zusammensetzung die aktuelle Strategie?
Ich bin überzeugt, dass der neue VR die notwendigen Fähigkeiten und Kompetenzen besitzt, um die Unternehmung erfolgreich in die Zukunft zu führen. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung und motivierten Mitarbeitenden.
Die A. Boss & Co AG stellt Kunst- und Glückwunschkarten her. Welche strategischen Entscheidungen stehen an oder könnten in Zukunft auf Sie zukommen?
Die Kundenbetreuung hat für uns höchste Priorität. Gleichzeitig wollen wir das Kerngeschäft ausbauen sowie die interne und externe Digitalisierung und Innovationen vorantreiben. Die ABC-Gruppe beschäftigt gut 200 Mitarbeitende, die in drei Unternehmungen arbeiten. Deshalb wird zukünftig die Nutzung von Synergien ein Thema sein. Unsere Grusskarten produzieren wir in der hauseigenen, modernen Druckerei, wo auch Printprodukte von anderen Firmen hergestellt werden. Um diese Infrastruktur optimal auszulasten, denken wir längerfristig über die Zusammenarbeit mit Partnern nach.
Die Nachfolgeregelung gehört ebenfalls zu den Aufgaben des Verwaltungsrats. Wie leitet man einen Nachfolgeprozess korrekt und professionell ein?
Damit keine Chancen verpasst werden, sollte die Verkäuflichkeit – und damit indirekt die Nachfolgefähigkeit – regelmässig überprüft und optimiert werden. Allerdings leben wir in einer bewegten Zeit, sodass Unternehmerinnen und Unternehmer nicht immer planmässig handeln können. In dieser Situation kann es sich lohnen, einen externen Experten, also einen Verwaltungsrat, der sich mit solchen Themen auskennt, als Coach beizuziehen. Die Verantwortlichen sollten die nötigen Werkzeuge für die Nachfolgeregelung frühzeitig erarbeiten und bereitstellen.
Häufig wird der Nachfolgeprozess zu spät eingeleitet. Woran liegt es?
Ich mache die Erfahrung, dass viele Unternehmerinnen und Unternehmer ungern über dieses Thema sprechen. Begriffe wie Strategie und Nachfolge sind Reizworte. Umso mehr ist der Verwaltungsrat gefordert. Gefragt sind persönliche und soziale Kompetenzen, um die Unternehmerschaft frühzeitig auf dieses herausfordernde Thema anzusprechen.
Bei inhabergeführten Unternehmen kann sich die Nachfolgesuche schwierig gestalten. Haben Sie eine solche Situation schon einmal erlebt?
In der Tat ist die Nachfolgeregelung für ein inhabergeführtes Mittelstandsunternehmen eine grosse Herausforderung. Die Hindernisse lassen sich nur mit Erfahrung und Fachkenntnis bewältigen. Deshalb empfiehlt es sich, möglichst früh externe Unterstützung beizuziehen. Ich habe in meiner langjährigen Tätigkeit ganz unterschiedliche Situationen angetroffen. Generell kann ich sagen, dass sich die langfristige Begleitung durch einen Coach, zu dem man ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann, lohnt.
Die Inhaber haben das letzte Wort. Ist deshalb die Nachfolgesuche in Familienunternehmen eine besondere Herausforderung?
Nicht unbedingt. Ein Unternehmer, der ohne spürbaren Druck über die Verkäuflichkeit seiner Firma nachdenkt, beweist Flexibilität und positioniert sich als einsichtige Persönlichkeit. Wenn er die Werkzeuge, die für die Nachfolgeregelung wichtig sind, regelmässig aktualisiert, gewinnt er Zeit, um Schwächen auszumerzen und den Nachfolgeprozess zielstrebig anzupacken.
Sie haben in Ihrer Karriere bereits einige Firmenverkäufe begleitet. Wann kann eine Übergabe als gelungen gelten?
Man spricht von einer gelungenen Übernahme, wenn ein geeigneter Nachfolger gefunden ist, der für das nachhaltige Weiterbestehen der Firma einsteht. Gleichzeitig kann der Verkäufer einen angemessenen Preis realisieren, der dem Firmenpotenzial entspricht.
Wie bereiten Sie ein Unternehmen auf den Verkauf vor?
Die Grundlage jeder Beurteilung durch einen Nachfolger ist die Unternehmens-Dokumentation. Für das Unternehmen stellt es eine Chance dar, diese zu erarbeiten, da sich die Verantwortlichen zwingend mit wichtigen Verkaufsparametern wie Marktposition, Geschäftsmodell und Attraktivität des Businessplans auseinandersetzen müssen. Dabei lassen sich Schwachstellen und ungenutzte Potenziale identifizieren und der Handlungsbedarf wird sichtbar. Elementar ist eine kritische Auseinandersetzung mit den Finanzzahlen und den Wertüberlegungen. Aspekte einer späteren Transaktionsstrukturierung – zum Beispiel nicht-betriebliche Vermögenswerte und unrentable Sparten – lassen sich antizipieren, sodass eine realistische Preisspanne festgelegt werden kann. Die Erfolgschancen sind leichter einschätzbar, wenn eine Liste mit vielversprechenden Käufergruppen erstellt wird.
Worin bestehen beim Verkauf die Herausforderungen?
Ein Interessent ist grundsätzlich an einer intakten, also vom Inhaber unabhängigen, Geschäftsführung interessiert. Es kann somit sein, dass während des Transaktionsprozesses Vorkehrungen getroffen werden müssen, um die Führung zu optimieren. Bei Familienbetrieben ist es wichtig, Schlüsselpersonen des Unternehmens in die Beurteilung einzubeziehen. So lassen sich emotionale Reaktionen des Kaders, wie sie bei einem Verkauf häufig vorkommen, vermeiden.
Letzte Frage: Was wünschen Sie sich für die KMU-Landschaft Schweiz?
Ich wünsche mir, dass die vielen KMU-Unternehmer und -Unternehmerinnen den Mut aufbringen, das Tabuthema der Nachfolgeregelung sowie die digitale Transformation frühzeitig und offensiv anzupacken.